Brandenburg an der Havel

Seit 1685 gibt es in der Stadt Brandenburg an der Havel reformierte Christen. Sie fanden sich in zwei Gemeinden, einer deutsch-reformierten und einer französisch-reformierten zusammen. Später wurden sie zu einer Gemeinde. Die Gemeindeglieder stammten aus Frankreich, der Pfalz und der Schweiz. Sie fühlten sich dem reformatorischen Ansatz Zürcher und Genfer Prägung besonders verbunden. Dieses Verständnis evangelischen Glaubens und Gemeindelebens prägt die Gemeinde bis heute im Gottesdienst, der Begegnung mit biblischen Texten und der Gegenwart und anderen Äußerungen gemeindlichen Lebens.

Brandenburgs Kirche: St. Johannis

1237 ließen sich Franziskaner am Rande der Altstadt Brandenburgs, unmittelbar an der Havel nieder. Sie ließen um 1250–1270 eine Kirche erbauen und nannten sie St. Johannis. Es war eine langestreckte Saalkirche aus Backstein mit einem Flachdach und mit schlanken Fensterschlitzen. Um 1310–1330 erfolgte ein Umbau. Die Schlitze wurden mit Strebepfeilern zugesetzt und die Mauern auf fast die doppelte Höhe gebracht. Die Wand über dem Nordportal wurde mit einer Rosette gestaltet. Von 1411–1420 wurde der Laternenchor erbaut. Er folgte dem Beispiel der Berliner Klosterkirche. Im 14./15. Jahrhundert erfolgte der Anbau der Sakristei, der Kapellen und einer Bibliothek im Norden. 1460–1469 wurde im Süden ein Glockenturm angebaut. Südlich grenzte an die Kirche eine zweihöfige Klosteranlage, die zugleich die südliche Ecke der Stadtbefestigung war. Die Stadtmauer dort wurde 1865 abgebrochen.

Das Franziskanerkloster wurde durch den brandenburgischen Kurfürsten Joachim II. (1505–1571) nach der Reformation aufgehoben. Ab 1544 nutzte die Stadt die Klostergebäude als Hospital. Die Kirche blieb ungenutzt. Ab 1687 diente die Kirche den eingewanderte Hugenotten für ihren Gottesdienst. 1849–1850 wurde sie restauriert. Dabei wurde das 1679 abgerissene Langhausgewölbe gotisierend rekonstruiert.

1945 wurde das Westjoch durch einen Bombentreffer zerstört. Die Umfassungsmauer des Westjochs stand noch auf einer Höhe von 3 m. Das Dach und die Westmauer stürzten 1985 ein. Da die Kirche seit 1968 für den Abriss vorgesehen war, war sie bautechnisch vernachlässigt worden. Ab 1985 konnte die Kirche nicht mehr für Gottesdienste genutzt werden. 1991–1992 wurde die Kirche mit einem Notdach und einem Innengerüst notgesichert. Die Notsicherung konnte aber den Einsturz des Gewölbes nicht verhindern, da die Kirche auf Morast steht. Ab 2007 konnte die Ruine stabilisiert werden und die Instandsetzung der Kirche beginnen. Es gab archäologische Untersuchungen, die auch die Suche nach einer möglichen Gruft mit Hilfe radartechnischer Mittel beinhaltete. Bis zur Bundesgartenschau 2015 erhielt das Gotteshaus wieder ein Dach, die Fenster wurden  wieder verglast und das Kirchenschiff nach Westen mit einer Glaswand geschlossen – so entstand das wohl größte „Kirchenfenster“ des Landes…

Die Johanniskirche ist Eigentum der Stadt Brandenburg an der Havel, die Gemeinde ist allerdings nutzungsberechtigt und feiert von Ostern bis Erntedank dort ihre sonntäglichen „Sommergottesdienste“. Sie beginnen jeweils um 15 Uhr, gerade bei Touristen ist diese Nachmittagszeit für den Gottesdienst beliebt.

Die „Wintergottesdienste“ (Erntedank bis Ostern) beginnen dann um 10 Uhr und finden  im Gemeindehaus in der Ritterstraße 94 statt. Es stammt aus dem 18. Jahrhundert und steht unter Denkmalschutz. Ende des 20. Jahrhunderts wurde es saniert, seither finden Gottesdienste und andere Veranstaltungen in den Gemeinderäumen des Erdgeschosses statt. Darüber befindet sich derzeit die Dienstwohnung des Pfarramtes.